Die beiden Halbfinals mit Schweizer Beteiligung waren nichts für schwache Nerven. Das Schweizer Fernsehen schreibt dazu passend: «Der 6-Hundertstel-Fluch stoppt Ponti und Ugolkova.»
Es ist nun schon das fünfte Rennen mit Schweizer Beteiligung, das um Hundertstelsekunden zu Ungunsten der Schweizer ausgeht. Was bedeutet das? In erster Linie bedeutet es, dass die Schweiz bereits nach Halbzeit der Wettkämpfe eine Handvoll Weltklasseathleten am Start hat. Zum Beispiel: Veteranin Ugolkova wurde vor fünf Jahren an ihren ersten Olympischen Spielen 20. über 200 Lagen mit 2:14.44. Oder: Noch vor 8 Monaten stand Noè Pontis Bestzeit über 200 Delfin bei 1.59.40. Nun ärgern wir uns verständlicherweise über das Ausscheiden in den Halbfinals von Ugolkova mit 2:10.65 und Noè Ponti mit 1:55.37 in diesen Disziplinen.
Der Reihe nach: Noè lag in seinem zweiten Halbfinal zwischen dem ungarischen Weltrekordhalter Kristof Milak und dem Weltmeister Daiya Seto aus Japan. Ponti sah langsamer aus als es war, weil er sich bis 150 Meter auf den hintersten Positionen befand. Dann drehte er wie im Vorlauf auf und legte die zweitschnellste Schlusslänge aller Teilnehmer hin, überholte sogar Seto. Der Rückstand war aber ein bisschen zu gross, es reichte nicht mehr ganz. Ponti war sicher zufrieden mit seinem ersten Olympischen Halbfinal, aber auch enttäuscht über das knappe Ausscheiden. Er weiss, dass er weitere Gelegenheiten kriegen wird. Über 100 Delfin kommt die nächste Chance.
Danach kam es zum Showdown von Maria im Halbfinal über 200 Lagen. Der erste Lauf verlief den Erwartungen entsprechend, eine Zeit unter 2:10 würde wahrscheinlich reichen. Nach einer souveränen Delfinstrecke schien Ugolkova etwas nachzulassen im Rücken. Prompt lag sie eine halbe Sekunde zurück gegenüber ihrer Vorlaufleistung. Brust und Freistil verliefen erneut sehr gut. Vor allem ihre Aufholjagd auf der Schlusslänge imponierte. Der erbitterte Kampf gegen die neben ihr liegende Alicia Wilson endete mit 6 Hundertstelsekunden Vorsprung für die Britin. Neunter Platz nach einem beherzten Rennen. Maria Ugolkova zeigte sich im Interview von SRF gleichzeitig stolz und enttäuscht, bezeichnet ihr Olympisches Erlebnis als «bittersüss».
Diese Olympiamannschaft bereitet grosse Freude und man darf gespannt sein, ob dieser Wettkampf noch weitere Höhepunkte bereithält. Im Unterschied zu vielen früheren Olympischen Spielen ist mit den Halbfinalqualifikationen kein Ziel erreicht, sondern die Athleten kämpfen dank Spitzenleistungen um den Finaleinzug.
Alle Fotos: magicpbk
Das Schweizer Hundertsteldrama bisher, in Zahlen
Disziplin | Schwimmer*in | Rang | Rückstand auf Final (F) oder Halbfinal (HF) | Zeit (SR= Schweizerrekord, PB=Persönliche Bestzeit) |
100 Delfin | Maria Ugolkova | 17 | 14/100 (SF) | 58.22 (SR) |
400 Freistil | Antonio Djakovic | 9 | 14/100 (F) | 3:45.82 (SR) |
200 Freistil | Antonio Djakovic | 11 | 21/100 (F) | 1:45.92 (PB) |
100 Brust | Lisa Mamié | 15 | 82/100 (F) | 1:07.41 (Vorlauf 1:06.78) |
200 Delfin | Noè Ponti | 10 | 6/100 (F) | 1:55.37 (SR im Vorlauf 1:55.05) |
200 Lagen | Maria Ugolkova | 9 | 6/100 (F) | 2:10.65 (SR im Vorlauf 2:10.04) |