Markus Buck stellte sich nach den 5-tägigen Meisterschaften einigen Fragen. Seine Antworten erhalten interessante Analysen zu den Leistungen an der Spitze, aber auch zum Zustand der Nachwuchsabteilung und zum neuen Meisterschaftsformat.
Stefan Trümpler (ST): Die 5 Tage-Meisterschaft waren sowohl für die Organisatoren vom SC Uster Wallisellen als auch für die teilnehmenden Vereine eine Herausforderung. Wie hast Du dieses Format erlebt?
Markus Buck (MB): Ausgangspunkt war, dass diese Meisterschaften der Hauptselektionswettkampf im Jahreskalender bedeuten. Die Selektionsanforderungen an die Athleten, wie z.B. FINA-Limiten, werden immer strenger. Dieses Jahr waren viele Athleten schon vorselektioniert, aber in Zukunft wird die LBSM als Selektionswettkampf noch wichtiger sein. Deswegen sollte die SM unter besten Bedingungen stattfinden, möglichst in NASAK Sportanlagen. Grundlagentraining, Erholungszeit und Kraftreserven sind die Basis für Topleistungen. Mit dem Termin abgestimmt auf den Termin des int. Zielwettkampf, stellen wir sicher, dass es stets einen ausreichend langen Makrozyklus zur Vorbereitung der individuellen TOP-Leistung zum Saisonende gibt. Das hat bis dato gut funktioniert. Die Bestzeitenquoten, waren in den letzten Jahren an internationalen Meisterschaften hoch. Inzwischen herrscht eine Leistungssportmentalität.
Mit den 5 Tagen ermöglichen wir, dass man mehrere Rennen auf Topniveau schwimmen kann und trotzdem ausreichend Regenerationszeit hat. So können sich die Athleten neben ihren TOP-Disziplinen auch für Staffelselektionen anbieten. Als ergänzende Massnahmen bieten wir vor Ort Erholungsmassnahmen wie Physio-Betreuung und Laktatmessungen an. Schliesslich sollen auch jüngere Athleten an die langen int. Wettkampfformate heran geführt werden. Fazit: Wir wollen beste Bedingungen anbieten und eine Angewöhnung an die internationalen Meisterschaften herstellen.
Mit dem gestreckten 5-Tagesprogramm können zudem mehr Athleten an der SM teilnehmen - auch dank tieferen Limiten - ohne dass der Zeitplan gesprengt wird. Die Teilnehmerzahlen sind nun endlich wieder steigend, das ist erfreulich - wir wollen auch ein Schwimmfest haben. Als angenehmer Nebeneffekt erhält der Verband erhöhte Meldegeldereinnahmen. Nicht zuletzt wurde das Thema des Programms auch gründlich im Verbandstrainerrat (VTR) besprochen. Wir müssen das neue Format nun erstmal seriös analysieren, eine weitere Vergrösserung ist sicher ausgeschlossen. Klar, die Vereine leisten auch ihren Beitrag, mit Einsatz und natürlich auch finanziellen Aufwendungen, dies gilt es zu würdigen und wertzuschätzen.
ST: Wie beurteilst Du das allgemeine Leistungsniveau der Meisterschaft?
MB: Wir haben den 1., 8. und 16. Platz 2021 und 2022 analysiert. Bei den Frauen war der Grossteil der Werte 2022 deutlich schneller. Da hat man einen grossen Schritt nach vorne gemacht. Bei den Männern ergibt sich ein anderes Bild: Nur 6 Siegleistungen waren schneller als 2021. Aber im Anschluss- und Breitenbereich sind die Werte ebenfalls überwiegend besser als im Vorjahr. Auch hier sieht man, dass der frühe Termin im Ganzen nicht geschadet hat.
Die teilweise langsameren Siegleistungen sind erklärbar: viele Topathleten waren schon vorqualifiziert und zum Beispiel in den Brustrennen der Herren, machte sich der Rücktritt von Yannick Käser bemerkbar. Man darf auch nicht vergessen, dass dies die nacholympische Saison ist, in der sich viele auf Ziele abseits des Sports konzentrieren, wie Studium, Armee und anderes.
Dennoch hat die Anzahl von erreichten Limiten für int. Meisterschaften in der Elite und beim Nachwuchs insgesamt zugenommen. Als Vergleich: 2017 waren nur 4 Athleten an der nacholympischen WM, dieses Jahr werden es 8 sein. Auch das grösste Universiadeteam seit langem geht nach China. Die EM im August in Rom ist als Hauptzielwettkampf definiert, die Selektion erfolgt bald. Insgesamt blicken wir auf eine erfreuliche Entwicklung. Das aktuelle Selektionssystem scheint ein zielführendes Format zu sein.
ST: Wie beurteilst Du die Entwicklung speziell bei den Damen?
MB: Es rücken jetzt hinter Maria und Lisa einige junge Damen nach. Julia Ullmann (Limmat Sharks) darf man sicher erwähnen. Beim Nachwuchs haben beispielsweise Havana Cueto Cabrera und Manon Richard gute Leistungen gezeigt, aber eigentlich ist es zu früh, um hier einzelne Namen aufzuzählen. Man kann sagen, dass wir auch bei den jungen Damen weitere Pfeile im Köcher haben, die sich im Hinblick auf die Zukunft positiv entwickeln können. Unser Ziel ist, dass mittelfristig bei den Damen ebenso eine gute Leistungsdichte herrschen wie bei den Herren.
ST: Ponti gegen Miladinov oder Desplanches, Mityukov gegen Djakovic: Was bedeuten solche hochstehende Duelle für den Schweizer Schwimmsport?
MB: Ein tolles Leistungsniveau in mehreren Disziplinen beflügelt die Athletinnen und Athleten. Wir hoffen natürlich auch, dass der Nachwuchs diesen Vorbildern nacheifert oder noch besser, den Kampf gegen sie aufnimmt. Die Frage ist doch: Was machen Trainer und Athleten mit diesen Vorbildern? Die Konkurrenz annehmen und angreifen! Julia Ullmann dient hier als Beispiel: Sie hat angegriffen und sogar die Rekordhalterin Ugolkova geschlagen über 100 Delfin. Das ist sehr erfreulich, auch wenn Maria natürlich an der SM noch nicht ihr höchstes Leistungsniveau erreicht hat.
ST: Was tut Swiss Aquatics, um die jungen Talente an die Elite heranzuführen?
Da gibt es nicht die eine Massnahme, die heraussticht. Es ist vielmehr eine Fülle von Massnahmen, die getroffen wurde. So wurden die Alterskategorien angepasst, die Junioren der Elite angegliedert anstatt dem Nachwuchs. Die Futura-Wettkämpfe haben die Lücke zwischen Kids und Nachwuchs geschlossen. Die Meisterschaften im Sommer sollen mit internationaler Beteiligung möglich sein sowie mit besten Bedingungen, nach Möglichkeit Indoor. Sowohl die Limiten der internationalen Meisterschaften als auch die Kaderlimiten wurden abgeglichen und angepasst. Erleichterte Limiten für jüngere Jahrgänge ermöglichen jungen Athletinnen und Athleten Erfahrungen zu sammeln. Wir setzen ihnen auch explizit keine Leistungsziele.
ST: Vielen Dank für deine ausführlichen Antworten.