Bronzemedaille von Roman Mityukov als Highlight der Olympischen Spiele in Paris
Die Schwimmwettkämpfe an den Olympischen Spielen in Paris sind vorbei. Der Wettkampf, auf welchen unsere Schwimmer:innen drei Jahre lang hingearbeitet haben, ist Geschichte. Mit der überragenden Bronzemedaille mit Schweizer Rekord von Roman Mityukov über 200m Rücken, drei Finalqualifikationen und vier Semifinals fällt die Gesamtbilanz sehr positiv aus. Markus Buck, Chef Leistungssport Swimming, zieht Bilanz.
I: Markus Buck, Chef Leistungssport Swiss Aquatics Swimming. Die Olympischen Spiele sind für die Schweizer Schwimmerinnen und Schwimmer vorbei. Wie ist deine Bilanz?
MB: Das ist jetzt natürlich noch ein bisschen frisch nach dem vierten Platz von Noè, wo wir an sich schon höhere Erwartungen hatten. Deshalb schwingt schon auch so ein bisschen Wehmut mit. Aber ich denke, da muss man sich auch schon gleich wieder am Riemen reissen. Das ist Jammern auf sehr hohem Niveau. Mit einer Olympischen Medaille an den zweiten Spielen in Folge für die Schweiz. Das ist schon ein hervorragendes Ergebnis. Wir haben erneut insgesamt drei Finalanzüge im Einzel feiern dürfen, vier Semifinals. Und das ist ein fantastisches Ergebnis, gekrönt von Roman Mityukov, von seiner herausragenden Bronzemedaille.
I: Jetzt hatte es am Anfang etwas geharzt. Wie seid ihr damit umgegangen bzw. wie beurteilst du dies?
MB: Ja, ich denke, man hat sehen können, Olympische Spiele sind was Besonderes. Nach wie vor ist dies etwas anderes als Welt- oder Europameisterschaften. Wir hatten einen sehr schweren Start. Die ersten beiden Tage, sind nicht so verlaufen, wie wir das gewollt und geplant hatten. Wir haben uns aber zurück gekämpft und dann sind die Leistungen Tag für Tag besser geworden. Gekrönt dann von der Medaille mit Schweizer Rekord von Roman. Natürlich geht es bei Olympischen Spielen darum auf den Punkt fit zu sein und zu performen. Aber es geht noch viel, viel mehr darum, mit dem Druck und dem ganzen Drumherum klarzukommen. Und das hat uns herausgefordert. Das hat aber auch alle anderen Teams hier herausgefordert. Viele Leistungsträger haben da gekämpft und ich bin stolz, dass unser Team nach dem schweren Anfang und den Rückschlägen sich wirklich zurück gekämpft hat in den Wettkampf und es geschafft hat, mit dem Druck und den hohen Erwartungen am Ende doch klarzukommen.
I: Du hattest gesagt, als man dich nach den Zielen gefragt hatte im Vorfeld, es sei euch auch wichtig, dass man nahe an die Bestzeiten herankommen würde. Das ist in gewissen Fällen nicht passiert. Was ist die Erklärung?
MB: Wie gesagt, es ist viel Druck an Olympischen Spiele. Es war wieder ein komplett anderes Programm, die Vorläufe waren jetzt wieder am Vormittag. Das Becken ist offensichtlich speziell. Ich weiss nach wie vor nicht, wie wir es bezeichnen sollen ;). Am Ende ist es natürlich das Gleiche für alle. Nichtsdestotrotz war die gesamte Saison vor den Olympischen Spielen sowie eigentlich der ganze Olympiazyklus ein spezieller gewesen. Wir hatten die ganzen Nachholevents aus der Coronapandemie. Wir hatten allein in diesem Jahr im Februar eine Weltmeisterschaft, im Juni noch kurz vor Olympischen Spielen eine Europameisterschaft. Ich denke, wir haben es im Endeffekt gut hinbekommen, diese Events einzubauen, bestmöglich für Qualifikationen und für die Vorbereitung zu nutzen. Aber natürlich kostet das viel Kraft. In einer Saison so viel Höhepunkte zu bestreiten, kostet Kraft, auch wenn nicht jede:r Athlet:in jeden einzelnen Höhepunkt mitgenommen hat. Und es kostet noch viel mehr Kraft, über drei Jahre so viele Höhepunkte zu bestreiten. Wir haben es eingangs des olympischen Zyklus gesagt: Ein dreijähriger Zyklus bringt einfach diese spezielle Herausforderung mit sich. Es fehlt dieses vierte Jahr, dieses nacholympische Jahr, in dem man vielleicht auch mal ein bisschen loslassen kann, den Kopf frei kriegen kann, sich auf Dinge ausserhalb des Beckens konzentrieren kann, usw. Das war jetzt so definitiv nicht möglich und ich glaube, das hat viel Energie, viel Kraft gekostet.
Wir haben jetzt hier eine Bestzeitenquote auf alle Rennen gerechnet von nicht ganz 30 %. Das ist unter dem, was wir gewohnt sind. Gott sei Dank haben wir insgesamt als Schweizer Schwimmsport inzwischen ein höheres Niveau, sodass jetzt nicht jeder wirklich an seine Bestzeit im Vorlauf heranschwimmen muss, um eine Runde weiterzukommen. Das haben wir hier sehen können. Das macht eigentlich auch die verpassten Chancen so bitter, dass nicht einmal Bestzeiten nötig gewesen wären, um in die nächste Runde einzuziehen. Und man hat auch wieder gesehen, wie bereits in Tokyo. Das ist der Job, immer eine Runde weiterzukommen. Wenn man im Finale ist, kann alles möglich sein. Oft haben die Favoriten gestrugglet und Überraschungskandidaten konnten zumindest bis aufs Podium vorstossen.
Vielversprechende Zukunft trotz Rücktritt von Jérémy Desplanches
I: Schauen wir noch kurz nach vorn. Der nächste Zyklus ist wieder 4 Jahre. Die nächsten Spiele sind in Los Angeles, wir haben eine junge Generation. Jérémy Desplanches ist zwar zurückgetreten, aber ich denke wir können zuversichtlich auf die nächsten Spiele schauen mit diesen Schwimmerinnen und Schwimmer?!
MB: Ja, das ist auch noch was, was mich jetzt abschliessend doch wirklich froh macht. Dass der Leistungsträger der letzten Jahre, jener, der diese goldene Ära, die wir jetzt wirklich haben, eingeleitet hat, hier noch mal einen so würdigen Saison- und Karriereabschluss im Einzel, wie auch mit den Staffeln, hat feiern dürfen. Er hat es genossen, das Team hat es genossen, es hat dem Team gut getan. Und ich glaub, das wird ihm für immer in Erinnerung bleiben. Das ist das, was einem so grossen Schwimmathleten aus der Schweiz auch würdig ist.
Ja, ich denke, wir können weiterhin guten Mutes in die Zukunft schauen. Die jetzige Generation, wie du sagst, ist jung, wird uns sicher noch für Los Angeles, vielleicht sogar darüber hinaus erhalten bleiben. Sie werden in Los Angeles eigentlich überhaupt erst im statistischen Höchstleistungsalter für Schwimmer sein. Im Nachwuchsbereich haben wir zudem grosse Zahlen, also können wir auch dort aus einem guten Talentpool schöpfen. Es wird nun die Aufgabe sein, diese Talente mit heranzuführen an die Leistungsträger, die wir jetzt oben haben, sodass das Team auch in der Breite noch wachsen kann. Und wir somit jetzt schon wieder die Stabübergabe für den übernächsten Olympiazyklus langfristig vorbereiten können.
Lieber Athlet:innen, lieber Staff
Mit den Leistungen und den Auftritten im und neben dem Becken habt ihr beste Werbung für sich selber, für den Schweizer Schwimmsport und die Schweiz gemacht. Ob bei Siegen oder Niederlagen, war dieser stets sympathisch und authentisch und ihr hab als Team zusammengehalten. Ihr wart grossartige Botschafter! Dafür möchten wir uns bei euch bedanken und gratulieren euch zu euren hervorragenden Leistungen an diesen Spielen in Paris, wie auch im gesamten Olympiazyklus. Dieser hatte euch viel Kraft, Energie und Durchhaltewille abverlangt! Wir sind stolz auf euch und eure Leistungen! ❤️