Die erste Teilnahme einer Schweizer Herrenmannschaft über 4x100 Freistil an Olympischen Spielen war 1984 in Los Angeles. Dort wurden die Herren Halsall, Volery, Jacot und Birrer sehr gute Neunte. Es waren die beiden Freistilsprinter Dano Halsall (Genève Natation) und Stéfan Volery (Redfish Nechâtel), die dank ihrem Einzelkönnen zu dieser aussergewöhnlichen Leistung führten. Sie waren auch im 100 Freistil Einzel äusserst erfolgreich, Halsall verpasste als 5. die Medaille nur knapp und Voléry wurde Zehnter im selben Rennen. Jacot und Birrer konnten sich die begehrten Staffelplätze sichern, sie mussten sich gegen weitere starke Sprinter durchsetzen wie Marcel Krist, Laurent Viquerat, François David, sogar den Brustspezialisten Etienne Dagon oder den späteren Nationalbankpräsidenten Philippe Hildebrand.
Das letzte Mal qualifiziert hatte sich die 4x100 Freistilstaffel an den Olympischen Spielen 2008 in Peking. Mit Dominik Meichtry und Karel Novy waren wiederum zwei Ausnahmekönner am Werk, die durch den aufstrebenden Flori Lang und Adrien Perez ergänzt, der sich in einer harten Ausscheidungsphase gegen Gegner wie Daniel Rast, Alessandro Gaffuri und Aurélien Künzi durchsetzen musste. Gregory Widmer reiste nach Peking als Staffel-Ersatzschwimmer mit.
24 Jahre später qualifiziert sich erneut eine Schweizer Herrenstaffel für diese Disziplin. Sie tat dies nicht mit der Direktqualifikation via WM Top 12-Platzierung, sondern musste über die Zeit für die verbliebenen 4 Plätze gehen. Die vier jungen Herren taten dies an der EM auf souveräne Art und Weise, pulverisierten dort den Schweizerrekord auf 3:13.41. Die 4 Schwimmer sind im Durchschnitt 21 Jahre jung, ähnlich wie die Staffel 1984 (22 Jahre) und haben noch einige Jahre Karriere vor sich.
Die 16 Staffeln liegen nahe beieinander, so dass alles möglich scheint, selbst eine Finalteilnahme kann sich die Schweiz sichern. Eine Medaille scheint ausgeschlossen, diese werden eher die traditionellen Nationen Russland, die USA, Australien und Grossbritannien unter sich ausmachen, auch Italien gehört noch zu den Medaillenkandidaten. Danach kommen eigentlich alle anderen Kandidaten: Frankreich schien auch schon stärker unterwegs zu sein, hebt sich aber kaum mehr ab von Brasilien, Ungarn, Japan, Griechenland, Deutschland, Polen, Kanada, der Schweiz, Serbien und den Niederlanden. Aus heutiger Sicht dürften 11 Mannschaften die verbleibenden Finalplätze unter sich ausmachen. Aber die Favoriten müssen auch aufpassen, dass sie sich nicht verpokern, ihre stärksten Kräfte in den Vorläufen schonen und plötzlich draussen bleiben. Als Aussenseiternation erinnert man sich gerne zurück an jene epische 4x100 Freistilstaffel von Südafrika, die da an den OS 2004 in Athen kam, sah und siegte.
Aus Schweizer Sicht fast noch interessanter scheint die 4x200 Freistilstaffel. Im Gegensatz zum 4x100 Freistilrennen hat diese Staffel, zusammengesetzt aus denselben vier jungen Herren, an der EM noch nicht ihr wahres Gesicht gezeigt. Noè Ponti konnte sich nach seinem Final über 200 Delfin nicht mehr erholen und sprang nur wenige Minuten später völlig ausgelaugt als dritter Schwimmer im Finallauf ins Wasser und musste die Konkurrenz ziehen lassen. Im EM-Vorlauf schwammen die 4 Herren den gültigen Schweizerrekord, ohne an ihre Grenzen zu gehen.
Nach dem Ausrutscher im EM-Vorlauf als Startschwimmer von Nils Liess, der in seiner Karriere schon 33-mal unter 1:49 geschwommen hat, veränderten die Herren die Reihenfolge im EM-Final. Liess powerte dann am Nachmittag an zweiter Stelle zu einem 1:45.90 Split, der sein enormes Potential aufzeigt. Selbst Mityukov, der bereits hoffnungslos abgeschlagen als Letzter ins Rennen ging, schwamm noch eine inoffizielle Abschnittszeit unter 1:47. Sollten in Tokyo alle Puzzleteile zusammenpassen, kann sich diese Staffel noch einige Sekunden verbessern und der Schweiz mit ein bisschen Wettkampfglück ihre erste Finalqualifikation an Olympischen Spiele bescheren.