Bei 21 Starts an den französischen Olympia-Ausscheidungen in Chartres unterzog sich Desplanches einem richtig harten Stehvermögentraining. Dabei resultierten viele erfreuliche Erkenntnisse für den 26-jährigen Genfer in Diensten von Olympic Nice Natation. Er befindet sich in hervorragender Form. Dies zeigte sich weniger bei seiner seltenen Niederlage (zweiter Rang) über 200 Lagen in 1:59.23, sondern vielmehr in den konstanten Leistungen quer durch alle Distanzen und Disziplinen, wobei anzufügen ist, dass sich der Vize-Europameister auch in den Vorläufen nicht schonte. Gar persönliche Bestzeiten erreichte der Genfer bei seinen Einsätzen über 50 Brust und Delfin, sowie über 200 und 400 Freistil.
Interessant ist bei der Gegenüberstellung seiner Bestzeiten vom Jahr 2019 (vor WM-Silber) und vom hiesigen Olympiajahr, dass sämtliche Bestzeiten aus diesen beiden Saisons stammen: 6 Bestzeiten blieben stehen aus dem Jahr 2019, 6 neue Bestzeiten hat Desplanches in der laufenden Saison erzielt. Beeindruckend sind die vier Bestzeiten, die Desplanches in der französischen Trials-Woche inmitten von 21 Starts erzielt hat.
Bestzeit vor Gwangju 2019 | Disziplin | Bestzeit 2021 |
50.25 (24 Feb 19) | 100 Freistil | 50.93 (15-20 Juni 21) |
1:50.58 (10 Feb 19) | 200 Freistil | 1:49.78 (15-20 Juni 21) |
- | 400 Freistil | 3:53.05 (15-20 Juni 21) |
- | 50 Brust | 28.12 (15-20 Juni) |
1:02.74 (18 Jun 19) | 100 Brust | 1.01.08 (17 Mai 21) |
2:12.45 (20 Apr 19) | 200 Brust | 2:11.81 (11 Dez 20) |
55.85 (8. Feb 19) | 100 Rücken | 55.86 (15-20 Jun 21) |
2:00.61 (11 Jun 19) | 200 Rücken | 2:01.06 (15-20 Jun 21) |
24.38 (8 Feb 19) | 50 Delfin | 24.28 (15-20 Juni 21) |
52.28 (21. Apr 19) | 100 Delfin | 52.63 (30 May 21) |
1:57.58 (18 Apr 19) | 200 Delfin | 1:58.20 (15-20 Juni 21) |
1:57.01 (11 Mai 19) | 200 Lagen | 1:56.95 (20 Mai 21) |
4:12.86 (16 Apr 19) | 400 Lagen | 4:15.26 (5 Feb 21) |
200 Lagen nach US- und AUS-Trials: Konkurrenzcheck
Jérémy Desplanches hat an den EM in Budapest seine Konkurrenz nüchtern analysiert: «Es gibt etwa ein Dutzend Konkurrenten, die in Tokyo für eine Medaille in Frage kommen. Einer davon bin ich.» Nebst dem Favoriten Daiya Seto (Japan) darf man allerdings jetzt den US-Amerikaner Michael Andrew auch als Titelfavoriten aufzählen. Der Allrounder Andrew, der in Tokyo das erste Mal an Olympischen Spielen teilnehmen wird, verfolgte eine sehr mutige, offensive Taktik mit den schnellsten Abschnittszeiten auf der Schmetterling-, Rücken- und Bruststrecke, sowie der langsamsten aller US-Trials Finalisten auf der Freistilstrecke. Bis 150 Meter blieb er zweimal weit unter dem Weltrekordsplit von Ryan Lochte, bevor er auf der Freistilstrecke einbrach. Allerdings war sein Tempo bis zur Schlusslänge so hoch, dass selbst eine miserable Freistil-Abschnittszeit noch zur Weltjahresbestzeit von 1:55.26 reichte. Schwimmer mit schnelleren Bestzeiten gab es bereits im Jahr 2019, als Desplanches Vize-Weltmeister wurde. Damals waren Mitch Larki (AUS), Duncan Scott (GBR), Shun Wang (CHN) und Daiya Seto (JPN) schneller gemeldet, wobei nur Seto den Genfer an den Weltmeisterschaften besiegen konnte. Diese vier Namen tauchen erneut vor Desplanches auf im Jahresranking, hinzu kommen noch der spanische Aufsteiger Hugo Gonzalez und der Deutsche Philip Heintz. Die Entwicklung zeigt also vor allem mehr Breite, das sieht man an der hohen Anzahl von 18 Schwimmern mit Zeiten unter 1:58, die zum erweiterten Favoritenkreis gezählt werden dürfen. Jüngere Schwimmer wie zum Beispiel die beiden 22-jährigen Gonzalez oder Andrew verfügen über ein grösseres Steigerungspotential. Für die arrivierteren Schwimmer wie Seto, Larkin, Chalisz oder Desplanches spricht die grössere Erfahrung, insbesondere an Olympischen Spielen. Der Heimvorteil wird wahrgenommen nebst Seto vom Japaner Hagino, aber auch vom Australier Mitch Larkin.
Desplanches’ Stärken liegen gemäss seiner eigenen Einschätzung auf der Ausgeglichenheit auf allen vier Teilstrecken und einer ganz ausgeprägten Spezialisierung auf die kürzere Lagenstrecke, während sich viele Lagenschwimmer noch auf anderen Spielfeldern tummeln, wo sie zu internationalem Ruhm kommen können. Das Rennen über die Lagenstrecke verspricht Hochspannung. Die Schweizer Fans stehen geschlossen hinter Desplanches und unterstützen den Ausnahmeathleten auf seiner Mission Olympia!