Antonio Djakovic sprach im Interview vor dem Vorlauf über 400 Freistil von «Erfahrungen sammeln», «Spass haben» und «aufbauen in Richtung Paris 2024». Im Wasser zeigte er dann aber seine wahren Ambitionen. In einem Start-Ziel-Sieg des drittschnellsten Vorlaufes unterbot er den Schweizerrekord um 7 Zehntelsekunden und distanzierte die Gegner deutlich. Über 400 Freistil geht es gleich um Alles oder Nichts, nur die 8 Zeitschnellsten des Vorlaufs kommen ins Finale. Wieviele Athleten der zwei schnellsten Serien würde er damit noch abfangen? Am Schluss überholte Djakovic nicht weniger als neun Athleten, die schneller als er gemeldet waren. Er musste sich sogar noch ärgern über die 14 Hundertstelsekunden, die ihm für den Finaleinzug fehlten. Er verfolgte einen offensiven Plan, legte ein horrendes Tempo vor und lag phasenweise zwei Sekunden unter seinen Rekord-Durchgangszeiten. Der Plan ging auf, er verteidigte seinen Vorsprung bis ins Ziel mit Rekord. Ein sackstarkes Rennen des 18-jährigen Schwimmers des SC Uster Wallisellen zum Einstand an Olympischen Spielen.
Ugolkova sprühte vor Vorfreude im Interview vom SRF. Diese Freude merkte man ihr auch im Wasser beim Vorlauf über 100 Delfin an. In einem hervorragenden Rennen unterbot sie ihren eigenen Rekord, den sie vor zwei Monaten an den Europameisterschaften aufgestellt hatte, um 34 Hundertstelsekunden. Ermutigend ist ihre Steigerung auf der zweiten Rennhälfte. Ihre 30.92 machten den Unterschied gegenüber den 31.18 Sekunden, die sie beim Rekordlauf in Budapest benötigte. Ein optimaler Start für die 32-jährige Schwimmerin von Uster Wallisellen, die den Halbfinaleinzug als Siebzehnte nur um 14 Hundertstelsekunden verpasste und noch über 200 Lagen und 100 Freistil starten wird in Tokyo.
Dann tauchte Jérémy Desplanches ein erstes Mal ins Olympische Becken. Sein einziges Ziel über 100 Brust: Ein gutes Gefühl im Wasser haben, Wettkampftemperatur bekommen. Die 100 Brust sind eine Nebenstrecke für den Schwimmer von Genève Natation. Er dürfte mit seiner Leistung allfällige Zweifel über seine Form beseitigt haben, er unterbot sogar das erste Mal den Schweizerrekord über diese Strecke. Mit 1:00.29 war er 6 Hundertstelsekunden schneller als Yannick Käser im Jahre 2017. Er startete etwas langsamer als Käser beim Rekord und kam umso schneller zurück. Das reichte für den guten 28. Rang, nachdem er an 41. Stelle gemeldet war.
Ein weiterer Schwimmer aus den Reihen des SC Uster Wallisellen eröffnete die heiss ersehnten Olympischen Spiele. Der Liechtensteiner Christoph Meier war über 400 Lagen an der Reihe. Er konnte nicht mehr an seine fantastische Leistung der Olympischen Spiele in Rio vor fünf Jahren anknüpfen, verlor bereits auf der Rückenstrecke den Anschluss an die Spitze des Laufes und erzielte eine Endzeit von 4:25.17.
3 Starts, 3 Schweizerrekorde: Start geglückt für das Schweizer Team. Alle drei Athleten haben sich gegenüber ihren persönlichen Rekorden in Budapest erneut gesteigert. Die Situation ist beinahe widersprüchlich: Weil die Schweizer Athleten so starke Leistungen gezeigt haben, ärgert man sich plötzlich über 14 Hundertstelsekunden, die für ein Weiterkommen gefehlt haben. Die Finals vom Sonntagmorgen um 10:30 Uhr Ortszeit finden also vorerst ohne Schweizer Beteiligung statt.
Leading Coach Pablo Kutscher sagt zum Auftakt: "Ein solches Ergebnis hätte ich natürlich sofort unterschrieben vor den Spielen. Natürlich will man als Coach und Athlet immer noch mehr, aber in diesem Fall darf man gar nicht so denken. Toni (Antonio Djakovic) musste natürlich schnell angehen, er wusste ja nicht, was in den beiden schnellsten Läufen noch kommen würde. Das er unter Weltrekordpace startete, war schon erstaunlich, am Schluss zahlte er dann auch etwas dafür. Und Maria ist einfach unglaublich, mit 32 Jahren hat sie mehr Spass am Schwimmen denn je. Sie entwickelt sich ja wie eine 15-Jährige. Noch vor 2 Monaten lag ihre 100 Schmetterling Bestzeit bei 59.2, jetzt ist sie eine Sekunde schneller. Und Jérémy startet mit Rekord ins Turnier, was will man mehr. Ganz sicher ist jetzt auch der Rest der Mannschaft heiss auf seine Rennen."
Nach diesen Vorstellungen heute darf man gespannt sein auf die Vorläufe von morgen Mittag 12 Uhr Schweizer Zeit. Djakovic bekommt seinen nächsten Einsatz über 200 Freistil, Lisa Mamié startet über 100 Brust und Liechtensteins Julia Hassler über 400 Freistil. Zum Schluss kommt noch die 4x100 Freistilstaffel mit Mityukov, Liess, Ponti und Djakovic zum Einsatz.
https://olympics.com/tokyo-2020/olympic-games/en/results/swimming/olympic-schedule-and-results.htm
Alle Fotos: magicpbk